Gehrke in Arnstadt

ARNSTADT. Autofahrer, die am Sonntagvormittag ihr Fahrzeug auf dem Parkplatz vor dem Einkaufszentrum in der Turnvater-Jahn-Straße in Arnstadt abgestellt hatten, staunten nicht schlecht: Erst war plötzlich die Schranke an der Zufahrt unten, und gestern dann das Auto weg.

Offenbar war der gewaltsamen Festsetzung mutmaßlicher Parksünder am frühen Morgen eine konzertierte Abschleppaktion gefolgt. Nur gegen sofortige Zahlung von 307 Euro (!) hätte auch Arnstadts Vize-Bürgermeister sein Auto wieder in Empfang nehmen können.

Um an der Gedenkfeier für die Opfer der Reichspogromnacht auf dem Alten Friedhof teilzunehmen (der dortige Parkplatz war bereits restlos voll), hatte Ulrich Böttcher sein Auto kurzerhand vor dem Einkaufszentrum abgestellt. Bei der Rückkehr . . . Naja. Die Schranke war jedenfalls zu, Wegkommen unmöglich. Wie ihm muss es auch etlichen anderen gegangen sein. "Als ich auf den Parkplatz fuhr, standen 20 bis 30 Autos da", erinnert sich Ulrich Böttcher.

Dass das Parken auf dem Kundenparkplatz wegen vieler Dauerparker generell ein Problem ist, ist unbestritten. Auf zwei Stunden ist die Parkzeit begrenzt, darauf weisen Schilder ausdrücklich hin. Oft sind es Anwohner oder Einpendler, die die Stellflächen nutzen und - zum Ärger der Händler - den Kunden die Plätze wegnehmen. Irgendwann musste etwas geschehen. Doch gleich so? Über 300 Euro, ohne Vorwarnung? "Absolut unverhältnismäßig!", sagt Böttcher zornig. Dazu noch Barzahlung - denn wohin die Autos gebracht wurden, war nur gegen Geld zu erfahren.

Spätestens hier beginnt die Sache ein Fall für Juristen zu werden. Das sieht nicht nur der Vize-Bürgermeister so. Auch Polizisten sprechen von "unseriösem Geschäftsgebaren", ja sogar Nötigung. "Wir haben den Betroffenen geraten, Anzeige zu erstatten", sagte ein Ordnungshüter. Mehr kann man nicht tun. "Das Gelände ist Privatgrundstück", betont Oberkommissarin Hanke von der Polizeiinspektion Arnstadt-Ilmenau. Man habe aber die Nummer der Rückruf-Hotline erbeten - für den Fall, dass weitere Autobesitzer ihr Fahrzeug vermissen.

Der offenbar vom Eigentümer des Einkaufszentrums beauftragte "Parkplatzwächter" aus München, der sich als Joachim Gehrke vorstellte, griff gestern rigoros durch. Seit den frühen Morgenstunden war er vor Ort, machte eifrig Notizen, telefonierte, ließ den Abschleppdienst anrücken. Gegenüber TA zeigte er sich dagegen eigenartig zugeknöpft. "Ich kann nichts sagen" war die stets lautende Antwort auf Nachfragen. Im Internet gibt es dagegen viele Einträge über eigenartige Praktiken von Gehrkes Firma "Park Räume".

Offen bleibt, warum sich der Eigentümer des Einkaufszentrums solch fragwürdiger Methoden bedient, wo gewiss die Stadt den Parkplatz - zumindest stichprobenartig - mitkontrollieren würde. Und, mit Verlaub, in welcher Höhe sich die gestrigen Einnahmen wohl bewegen.

Von Ulrich Böttcher gab es kein Geld. Er hat die Angelegenheit einem Anwalt übergeben. Aber dafür auch kein Auto.

Von Kerstin FISCHER

Mit freundlicher Genehmigung der Thüringer Allgemeinen Zeitung