Die Verbraucherzentrale Hamburg schreibt folgendes zu diesem Thema:

 

Schluss mit dem Abschlepp-Nepp!  Zahlungsaufforderungen privater Abschleppunternehmen zurückweisen. Sie haben Ihr Fahrzeug auf einem (leeren) Großparkplatz (z.B. bei einem Supermarkt oder bei einer Behörde) abgestellt und es wurde abgeschleppt? Sie sollen für das Abschleppen 145,00 € (nachts: 174 €) oder für die „Vorbereitung zum Abschleppen“ 55,68 € oder mehr zahlen? Ihr Fahrzeug sollen Sie erst dann wieder erhalten, wenn Sie die Rechnung gezahlt haben?

Kein Grund zur Panik: Die Rechtslage
Die Rechtslage in diesen Fällen ist eindeutig. Wer ohne die Zustimmung des Besitzers oder Eigentümers eines Grundstücks auf dessen Privatgrund ein Fahrzeug abstellt, begeht eine Besitzstörung (§ 858 BGB). Dies gilt für den Parkplatz auf Ihrem Grundstück ebenso wie für Parkplätze vor Supermärkten, Geschäften, Behörden, Krankenhäusern usw. Gegen diese Besitzstörung kann man sich wehren, zum Beispiel mit der Aufforderung, das Fahrzeug wegzufahren. Unter bestimmten Voraussetzungen ist es (als letztes Mittel) auch möglich, das Fahrzeug abschleppen zu lassen (sog. Selbsthilferecht). Wer den Abschleppwagen ruft, muss dann erst einmal die Abschleppkosten zahlen und kann diese vom Besitzstörer ersetzt verlangen.

Die unzulässigen Praktiken der privaten Abschleppunternehmen
Die privaten Abschleppfirmen gehen so vor: Sie lassen sich von den Grundstücksbesitzern die Ansprüche auf Schadensersatz abtreten. Dies geschieht aufgrund von Verträgen zwischen den Grundstücksbesitzern und den Abschleppunternehmen schon bevor Sie überhaupt daran dachten, Ihr Fahrzeug „widerrechtlich“ abzustellen. Dieses Vorgehen der Abschleppunternehmen ist aber aus mehreren Gründen u n z u l ä s s i g. Da sich die Abschleppunternehmen das Selbsthilferecht der Grundstückbesitzer unabhängig vom Einzelfall abtreten lassen und in deren Namen tätig werden, wird die Notwendigkeit des Abschleppens im Einzelfall nicht überprüft. Außerdem verteilen die Abschleppunternehmen häufig Überweisungsträger an den Windschutzscheiben der geparkten Autos, mit denen sie Kosten für die Vorbereitung zum Abschleppen geltend machen, obwohl diese tatsächlich noch gar nicht eingeleitet wurden (der Abschleppwagen wurde noch gar nicht gerufen) .
Unser Tipp:
Zahlen Sie die Abschleppkosten nicht oder nur zum Teil (€ 110,-- für das Abschleppen + € 10,-- Standgebühr/ Tag sind nach Ansicht des Landgerichts gerechtfertig) nachdem Sie geprüft haben,
· ob die Schilder, die auf das Abschleppen bei unrechtmäßiger Benutzung des Parkplatzes hinweisen, gut sichtbar angebracht sind.
· ob das Vorgehen auf Grund von Unverhältnismäßigkeit unzulässig war (Wagen wurde nach Ladenschluss auf dem Kundenpark abgestellt und vor Ladenöffnung abgeschleppt).
· ob eine wirksame Abtretung vorliegt bzw. lassen Sie sich diese vorlegen („sonst könnte ja jeder kommen!). Es wurde schon berichtet, dass ein Unternehmen die erteilte Befugnis des Eigentümers weit überschritten hat (z.B. wenn er nachts abschleppt, es aber nur am Tage darf).
· ob überhaupt individuelle Vorbereitungsmaßnahmen zum Abschleppen getroffen wurden bzw. bestreiten Sie das solche getroffen wurden.
· ob Sie als Fahrzeughalter das Fahrzeug selbst geparkt haben. Wenn nicht, weisen Sie darauf hin, dass Sie nicht der richtige Anspruchsgegner sind (eine Auskunftspflicht, wer das Fahrzeug gefahren hat, trifft Sie nicht).
LG Hamburg vom 06.02.06 (Az. 318 S 111/05 und 316 C 119/05): Der Kfz-Halter haftet, wenn nicht besondere Umstände vorliegen, nicht für das Verhalten des Fahrers, der das Kfz unberechtigt auf einem Privatgrundstück abgestellt hat (vgl. NJW 20/2006, NJW- Aktuell/ Umschlag, Seite X, Heft vom 15.Mai 2006)
Weigert sich das Abschleppunternehmen, Ihnen Ihr Fahrzeug zurückzugeben, können Sie ihm eine Strafanzeige in Aussicht stellen und Schadensersatzforderungen wegen der Besitz- und Eigentumsstörung – diesmal begangen an Ihrem Auto, und nicht an einem fremden Parkplatz.
Haben Sie die Abschleppkosten bereits entrichtet, so fordern Sie diese ganz oder teilweise (den Teil der über € 110,-- + Standgebühr hinausgeht) zurück.
ACHTUNG!
Es muss erwähnt werden, dass der eine oder andere Richter bei den Abschleppfällen nicht gewillt ist, sich mit den komplizierten rechtlichen Fragen genau zu befassen. So kann es passieren, dass es heißt: „Haben Sie falsch geparkt oder nicht? Wenn ja, müssen Sie auch zahlen.“ Wer sich auf einen Rechtsstreit einlässt, muss also das Risiko des Unterliegens einkalkulieren. Eine Berufung ist wegen der geringen Summe meist nicht möglich.
Positive Entscheidungen:
AG Hamburg-Altona (Anerkenntnisurteil), 316 C 315/06:
Aktiv Transport zur Rückzahlung von € 280 verurteilt.
AG Hamburg-Altona (Anerkenntnis-Urteil), 318C C 239/07 v. 26.11.2007
„fifty/fifty“ Entscheidung:
AG Hamburg-Altona, Urt. v. 24.8.2007, 318C C 22/07. Klage auf Rückzahlung in Höhe von € 246 wurde in Höhe von € 110 stattgegeben. Das Abschleppen sei im Prinzip erlaubt gewesen, aber zu teuer. Die Entscheidung wurde vom Landgericht Hamburg am 21.01.2008 (320 S 100/07) bestätigt. Im zugrunde liegenden Fall wurde das Auto tagsüber von einem Kundenparkplatz eines Supermarktes abgeschleppt
Zur Vertiefung (insbesondere für Rechtsanwälte):
„Kostenerstattung – Die Freihaltung privater Parkfläche durch Abschleppunternehmen“, Rechtsanwalt Dr. Christopher Woitkewitsch in MDR 2005/1023
Haben Sie noch Fragen? Telefonische Rechtsberatung unter 0900 1 - 77 54 41 von Montag bis Donnerstag jeweils 10 bis 18 Uhr (1,50 €/Min. aus dem dt. Festnetz).